Die Berliner Zeitung veröffentlicht heute ein Interview mit dem Vizepräsident des Bundesverbands Taxi und Mietwagen Hermann Waldner.
Taxi-Verbandschef Hermann Waldner: „Ich will nicht dabei zusehen, wie das Taxi vor die Hunde geht“
Taxi geht vor die Hunde, stimmt. Fahrer können nicht mehr von ihrer Arbeit leben. Auch richtig. Wer ist nun Schuld?
In vielem muss man dem Berliner „Taxipaten“ zustimmen. Leider plagt das zärtlich als Don Waldi bekannte Taxi-Urgestei , Betreiber der einzigen verbliebenen von früher fünf Berliner Taxivermittlungen, die gleiche Betriebsblindheit wie die Chefs der Taxibetriebe. Aus gutem Grund verschweigt die Unternehmerseite die wichtigste Größe im Spiel, die Lohnkosten. Die entsprechen in einem sauber kalkulierenden Betrieb, wenn alles gut läuft, mindestens 60 Prozent vom Umsatz.
Uber schadet dem Taxigewerbe durch extremes Preisdumping. Wie kann das sein, wo seine "Partnerbetriebe" doch die gleichen Kosten für Fahrzeuge und Sprit haben wie Taxis? Jedes Unternehmen sollte doch Gewinn machen, weil es sonst pleite geht.
Sehr viele, wir vermuten so gut wie alle, Uber-Fahrer leben vom Bürgergeld und verdienen durch ihre Arbeit im Mietwagen schwarz mehr dazu, als ihre Bezüge vom Jobcenter ausmachen [1]. Das haben sich ihre Chefs gekonnt ausgedacht, und die Fahrer müssen sich sozusagen nur noch ins gemachte Bett legen. So sind die auch mit einem Verdienst zufrieden, der weit unter dem gesetzlichen Mindestlohn liegt. Mietwagenbieter, Fahrer und Jobcenter ermöglichen gemeinsam dem US Konzern, den Taximarkt mit Dumpingpreisen an sich zu reißen [2].
Hier liegt der Schlüssel zur Auflösung des Berliner Taxi-Dilemmas. Mit der Durchsetzung des Mindestlohns wäre der Uber-Spuk schnell beendet, weil Mietwagenfirmen ohne illegal erschlichene Jobcenter-Subventionen kein Geld mehr verdienen können.
Wieso treten die Taxiverbände nicht dafür ein, das Mindestlohngesetz als Waffe gegen die Dumping-Konkurrenz zu nutzen?
Ganz einfach, viele Taxibetriebe zahlen ihren Angestellten ebenfalls seit über zwei Jahrzehnten Armutslöhne. Sie unterschreiten ebenso konsequent und systematisch den gesetzlichen Mindestlohn wie die noch brutaleren Uber-Ausbeuter.
Wer im Glashaus sitzt ...
Die Durchsetzung des Mindestlohns würde in Berlin 99 Prozent der Mietwagen und zur Zeit 75 Prozent der Taxis [3] aus dem Geschäft entfernen, zu Recht, denn Betriebe, die andauernd gegen extra für sie gemachte Gesetze verstoßen, müssen dichtgemacht werden.
Das betrifft im Zweifelsfall so gut wie alle Betriebe mit angestellten Fahrern. Für Taxis würde die Rechnung am Ende jedoch aufgehen, weil der Berliner Markt nach Verschwinden der Dumping-Konkurrenz mindestens 6000 Taxis gute Einnahmen sichern würde.
Da jedoch das Mietwagen-Geschäftsmodell, bei dem Fahrern nur eine magere Umsatzbeteiligung anstelle eines Stundenlohns gezahlt wird, von den Taxiunternehmern erfunden wurde, wollen sie sich nicht von ihm verabschieden. Wie Mietwagenanbieter leben sie von der Ausbeutung ihrer Fahrer durch Löhne deutlich unter der gesetzlichen Untergrenze. Klar dass sie nicht in der Lage sind, das Thema Mindestlohn als den Dreh- und Angelpunkt zu sehen.
Und wo bleibt das Angebot, dass man nicht ablehnen kann? Zur Zeit macht das Uber. Es lautet: Beute deine Fahrer aus bis aufs Blut oder stirb. Die Berliner Behörden haben uns im Kampfs gegen die konsequent illegal agierenden Betriebe allein gelassen [4]. Jetzt hilft nur noch Böhmermanns Polizei, also die FKS (Finanzkontrolle Schwarzarbeit) . Wir warten.
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