1. Mai 2021 - AG Taxi fordert die vollständige Übernahme der Sozialversicherung im KUG

2. Mai 2021 von Redaktion
Mai 2021 - Start der Demonstration am DGB-Haus Hackescher Markt

Andreas Komrowski von der AG Taxi hielt diese Ansprache bei der gewerkschaftlichen Maidemonstration

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

die Berliner Taxibranche, ihre Fahreinnen und Fahrer stehen vor dem Aus. Pleiten, Entlassungen und Hartz-IV werden viele der 15.000 Berliner Taxifahrerinnen und -fahrer treffen.

Es gibt kaum noch Aufträge, nur Fahrten zu den Impfzentren stellen einen kleinen Lichtblick dar. Viele Betriebe haben ihre Angestellten in Kurzarbeit geschickt. Es droht eine Entlassungswelle, weil die Bundesanstalt für Arbeit für sie ab Juni nur noch die Hälfte der Sozialabgaben übernimmt.

Das ist für viele Unternehmen zu teuer. Einige haben bereits damit begonnen, Kündigungen anzudrohen.

Von über 8000 sind heute noch 6700 Taxis übrig.

Das Problem betrifft die Taxibranche gemeinsam mit des meisten Dienstleistungsunternehmen. Es sind kleine und mittelgrosse Betriebe ohne Kapitaldecke. Sie konnten bis jetzt ihre Angestellten dank des Kurzarbeitergelds halten. Die Bundesregierung will das nun beenden. Deshalb fordern wir die komplette Übernahme der Sozialversicherungsbeiträge bei Kurzarbeit mindestens bis zum Ende der Pandemie.

Wir fordern ein Mindestkurzarbeitergeld, in Höhe des gesetzlichen Mindestlohns.

Ohne Modernisierung und Weiterbildung gibt es keinen Ausweg aus der Krise. Wir brauchen Inklusionstaxis und FahrerInnen, die Menschen mit Behinderungen respektvoll willkommen heissen und barrierefrei befördern ! Der Umgang mit Menschen, die verschiedenste Handycaps haben, muss Teil der neuen Taxi-Ausbildung werden. Staatliche Förderung dafür gibt es schon lange.

Ein großer Teil der Berliner Taxibetriebe ist jedoch tief in die Schattenwirtschaft verstrickt. Das Geschäftsmodell dieser Taxiunternehmen besteht aus brutaler, illegaler Ausbeutung. Sie können nicht auf legale Geschäftsmodelle umstellen. Sie sind unfähig, Förderprogramme für sich zu nutzen.

Mai 2021 - Kundgebung in der Spandauer Straße am Roten Rathaus

Für diese Taxis und die Uber-Mietwagen ist Berlin ein rechtsfreier Raum.

  • Prekären Arbeitsverhältnisse, Verstöße gegen das Mindestlohngesetz und gegen das Arbeitszeitgesetz sind branchenüblich.
  • Verträge über Minijobs verschleiern die realen Ausbeutungsverhältnisse.
  • Viele Fahrerinnen und Fahrer erhalten nur eine knappe Provision vom eigenen Umsatz.
  • Wartezeit an den Halteplätzen wird trotz entsprechehnder Gerichtsurteile nicht bezahlt.
  • Unter Corona-Bedingungen führt das zu Stundenlöhnen von 4-8 Euro.

Wer auf seine Arbeit zum Leben angewiesen ist, verbringt jede Woche 60 und mehr Stunden hinterm Lenkrad. Der Infektionnschutz besteht aus einer dünnen Trennfolie zum Fahrgastraum und Feuchttüchern. Gleichzeitig gibt derzeitige Maßnahmenverordnung mit ihren Zwangsttests am Arbeitskraft den ChefInnen die Macht, uns bei der Einhaltung der Infektionsschutzregeln zu kontrollieren.

Besonders ZuwanderInnen unter den KollegInnen haben wenig Kenntnisse über ihrer betrieblichen Rechte. Ihre Chancen, besser bezahlte Jobs zu finden, stehen schlecht. Taxifahren führt durch miese Bezahlung in eine Schuldenspirale. Ersparnisse für eine berufliche Umorientierung können nicht aufgebnbaut werden.

Eine Änderung dieser Situation ist nur mit starken Gewerkschaften möglich, die tatkräftig die Organisierung von prekären Beschäftigten unterstützen. Für die Taxi- und Mietwagenbranche findet das bislang nicht statt. Wir wollen das ändern. Die AG Taxi rät allen KollegInnen, sich bei ver.di oder den Basisgewerkschaften zu organisieren. Nur so können sie ihre Lage verbessern.

Es geht um Löhne und um Respekt

  • Wir wollen durchsetzen, dass sich die sogenannten ArbeitgeberInnen an die wenigen Gesetze zum Schutz der Lohnabhängigen halten.
  • Wir verlangen die wirksame und kontrollierbare Erfassung unserer tatsächlichen Arbeitszeiten.
  • Taxi-Konzessionen dürfen nur verlängert werden, wenn nachweislich über die gesamte Arbeitszeit der gesetzliche Mindestlohn gezahlt wird.
  • Auch FahreInnen von Taxis und Mietwagen haben einen Anspruch auf 8-Stunden-Arbeitstage. Dafür haben Generationen organisierter Arbeiterinnen und Arbeiter gekämpft.
  • Unser Kampf richtet sich auch gegen die von Klasseninteressen geleitete Impfprioriserung. Obwohl wir jeden Tag einem hohen Infektionsrisiko ausgesetzt sind, dürfen wir uns immer noch nicht wirksam gegen Corona schützen.
  • Mit den Impffahrten übernehmen wir TaxifahrerInnen systemrelevante Aufgaben. Wir wollen entsprechend behandelt werden und freien Zugang zu allen Impfstoffen bekommen.
Mai 2021 - Demonstrationszug biegt in die Breite Straße ein

Es geht um den Aufbau gewerkschaftlicher Gegenmacht.

Heute sehen wir, zu welch brüchigen Kompromissen das Zurückweichen vor den Klasseninteressen des Bürgertums führt.

Deshalb kämpfen wir Taxifahrer und -fahrerinnen gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen aus anderen Branchen für unsere gemeinsamen Interessen.

Das Lohn- und Sozialdumping im Taxigewerbe muss beendet werden. Unser Beruf darf kein prekärer Job bleiben. Wir fordern einen tarifgebundenen Ausbildungsberuf, ähnlich wie bei Bus- oder BerufskraftfahrerInnen.

Gute Ausbildung ist die Voraussetzung für gute Löhne.

Weil das am besten in vergesellschafteten Betrieben funktioniert, kämpfen wir für politische Veränderungen. Wir setzen uns für ein Ende der informellen Ausbeutungsstrukturen in Kleinbetrieben ein. Deshalb haben wir vor 10 Jahren die AG Taxi gegründet und kämpfen seitdem solidarisch mit langem Atem, gemeinsam mit Euch und allen, die mittun mögen.

Euch noch einen schönen, kämpferischen 1. Mai !

Logo und Bilder in diesem Artikel : ©AG Taxi.

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